"Tötung auf Verlangen" bleibt Tötung und darf nicht straffrei werden

Ein Freispruch führt die Gefahr vor Augen, dass die „Tötung auf Verlangen“ als „aktive Sterbehilfe“ akzeptiert und straffrei wird.

Die Bioethikkommission der Schweizer Bischofskonferenz ist beunruhigt über das jüngst ergangene Urteil des Gerichts von Boudry, Kanton Neuenburg, erklärt diese in einer schriftlichen Reaktion, die auf der Webseite der Schweizer Bischofskonferenz publiziert ist.

Weniger dieses einzelne Urteil beunruhigt die Experten der Kommission als die in den Kommentaren öffentlich gemachte Tendenz, „Tötung auf Verlangen“ im Sinne von „aktiver Sterbehilfe“ als legitimes Vorgehen zu sehen.

Im konkreten Fall, den das Neuenburger Gericht beurteilte, hatte eine Ärztin zunächst einem kranken Menschen bei der Selbsttötung helfen wollen, aber schliesslich das tödliche Gift selbst injiziert. Obwohl diese Tat nach Artikel 114 des Schweizerischen Strafgesetzbuches als „Tötung auf Verlangen“ strafbar ist, rechtfertigte das Gericht die Handlung, indem es der Angeklagten zubilligte, sie habe „das in der Lage Notwendige“ getan.

Die Kommission erinnert in ihrer Reaktion daran, dass Tötung auf Verlangen („aktive Sterbehilfe“) und Beihilfe zur Selbsttötung der gleichen Logik folgen: In beiden Fällen geht es darum, mit der Tötung einer Person eine Lebenssituation zu beenden, die als unwürdig betrachtet wird.

Die Gesetze sind nicht nur der Spiegel der öffentlichen Meinung zu einem bestimmten Zeitabschnitt, sondern einige unter ihnen sorgen für die Fundamente des Zusammenleben: das Verbot zu Töten oder sich dabei als Komplize zu beteiligen, sind ein Teil dieser Fundamente und nicht verhandelbar, betont die Bioethikkommission.

Sie ist überzeugt, dass es im menschlichen Leben keine Situationen gibt, die „per definitionem“ lebensunwürdig wären. Deshalb weist sie mit Nachdruck die Vorstellung zurück, dass es bei bestimmten Umständen eine „Notwendigkeit“ gebe, zum Tode zu verhelfen. Besonders stossend ist es, wenn diese „Notwendigkeit“ als Aufgabe Ärzten zuerkannt wird. Wenn etwas notwendig ist, so ist es eine Begleitung in menschlicher Solidarität, die Kompetenz und Fürsorge – wie dies in der Palliativpflege geschieht – miteinander verbindet.

Freiburg, 15. Dezember 2010

Walter Müller
Informationsbeauftragter der Schweizer Bischofskonferenz

Hinweis an die Redaktionen: Der Wortlaut der Reaktion der Bioethikkommission der SBK findet sich unter folgendem link : kath.ch

Für weitere Informationen steht ihnen zur Verfügung:
Dr. Thierry Collaud, Präsident der Bioethikkommission, thierry.collaud@unifr.ch