«Wir stehen in der Pflicht»

Die 323. ordentliche Vollversammlung der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) fand vom 25. – 27. Februar im Kloster Mariastein statt.

Kinderschutztreffen im Vatikan

Mit grossem Interesse haben die Mitglieder der SBK den Bericht von Bischof Felix Gmür, Präsident der SBK, aus dem Kinderschutztreffen im Vatikan von vergangener Woche aufgenommen. Die Teilnehmer berichteten u.a. von Kulturen aus Ländern, welche einen sexuellen Übergriff nach wie vor tabuisieren oder diesen nicht als Straftat anerkennen oder nicht über eine funktionierende staatliche Justiz verfügen. Vor diesem Hintergrund war es Papst Franziskus ein zentrales Anliegen, dass jeder einzelne Teilnehmer versteht, welche gravierenden Konsequenzen ein sexueller Missbrauch auf das Leben der Opfer hat und dass ausnahmslos sämtliche Teilnehmer in der Pflicht stehen, alles zu unternehmen, um den Opfern beizustehen, ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die Täter anzuzeigen, Transparenz zu schaffen und konkrete Massnahmen zur Prävention einzuleiten.

Die Schweizer Bischöfe werden ihre bisherige Tätigkeit im Bereich der sexuellen Übergriffe im kirchlichen Bereich konsequent weiterführen. Sie sehen weitere mögliche Handlungsfelder beispielsweise beim Beschleunigen von kanonischen Prozessen, bei der Information von Opfern oder bei der Standardisierung der Prävention.

Die Mitglieder der SBK verstehen die Enttäuschung der Opferorganisationen, welche unmittelbar nach dem Treffen klare Massnahmen erhofft hatten. Gemäss Bischof Felix wurden in Rom viele gewichtige Themen offen angesprochen (z.B. Machtstrukturen, Einbindung von Laien, Zölibat) und es wurde versucht, das Thema in seiner ganzen Breite und Tiefe zu erfassen. Der Papst wollte die Ergebnisse des Prozesses nicht mit fertigen Lösungen vorwegnehmen, sondern zunächst genau hinhören, vor allem in Hinblick auf die weltweit unterschiedliche Rechtsslage. Die Mitglieder der SBK danken dem Papst für die Organisation dieses wichtigen Treffens und hoffen, dass konkrete Massnahmen aus Rom folgen werden.

Neue Auflage der Richtlinien zu sexuellen Übergriffen tritt in Kraft

Wie bereits anlässlich der 321. ordentlichen Vollversammlung angekündigt, wurde eine neue Auflage der „Richtlinien der Schweizer Bischofskonferenz und der Vereinigung der Höhern Ordensobern der Schweiz zu sexuellen Übergriffen im kirchlichen Umfeld“ vorbereitet. Die Anpassungen betreffen sowohl Ergänzungen in der Prävention als auch eine Verschärfung der Anzeigepflicht. Mittlerweile hat ebenfalls die zweite Trägerin der Richtlinien, die Vereinigung der Höhern Ordensobern der Schweiz, die vierte Auflage der Richtlinien genehmigt. Sie treten am 1. März 2019 in Kraft.

Verschärfung der Anzeigepflicht

Die Richtlinien sahen bis anhin vor, dass das erwachsene Opfer einerseits in jedem Fall auf die Möglichkeit einer Strafanzeige nach staatlichem Recht hinzuweisen war und es anderseits gegenüber den kirchlichen Amtsträgern Einspruch gegen die Erstattung einer Strafanzeige erheben konnte. Künftig soll das erwachsene Opfer nicht mehr über ein „Vetorecht“ verfügen; Ordinarien (d.h. Diözesanbischöfe, General- oder Bischofsvikare sowie die höheren Ordensoberen) müssen künftig in jedem Fall Anzeige an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden erstatten, wenn sie Kenntnis von einem Offizialdelikt erhalten. Die bisherige Regelung war aufgrund von Empfehlungen von Opfertherapeutinnen und -therapeuten entstanden, welche ein „Vetorecht“ für die Opfer gefordert hatten. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass wenn keine Anzeigepflicht existiert, die Vertuschungsgefahr bestehen bleibt sowie die Gefährdung von potentiellen künftigen Opfern. Ungeändert bleibt nach wie vor die uneingeschränkte Anzeigepflicht bei Verdacht im pädosexuellen Bereich.

Prävention

Das „Fachgremium für sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld“ hat in seinem Anliegen, die Prävention systematischer anzugehen, eine Serie von konkreten Massnahmen aufgegriffen, welche zwar von einzelnen Diözesen und Ordensgemeinschaften bereits angewendet werden, mit der neuen Auflage der Richtlinien jedoch für alle als verbindlich gelten.

So soll z.B. jede Diözese und jede Ordens- und andere kirchliche Gemeinschaft über einen Präventionsbeauftragten und ein eigenes Präventionskonzept verfügen, welches die Grundkriterien für eine adäquate und professionelle Wahrnehmung von Nähe und Distanz und für einen respektvollen sowie achtsamen gegenseitigen Umgang festlegt. Basierend auf dem Präventionskonzept sollen in einem nächsten Schritt Verhaltenskodizes und Standards erarbeitet werden.

Die neue Auflage der Richtlinien sieht auch weitere Präventionsmassnahmen im Bereich der Fortbildung oder bei der multikulturellen Seelsorge vor. Auch bei der Vertragsgestaltung sind Änderungen vorgesehen: Da häufig die staatskirchenrechtlichen Einrichtungen als Arbeitgeber auftreten, setzen sich die Bistumsleitungen dafür ein, dass die Präventionsmassnahmen auch von den verschiedenen staatskirchenrechtlichen Organisationen einvernehmlich und verbindlich mitgetragen werden. Konkret soll erreicht werden, dass bei jeder Anstellung im kirchlichen Umfeld ein Privatauszug und ein Sonderprivatauszug aus dem Strafregister vorgelegt werden müssen und dass sich die arbeitsnehmende Person bereit erklärt, die Richtlinien einzuhalten. Liegen die erwähnten Auszüge bei bereits angestellten Personen mit missio canonica noch nicht vor, werden diese eingefordert. Ferner soll jedes Mal, wenn eine in der Kirche tätige Person sich neu einem Team anschliesst, von allen Teammitgliedern eine Vereinbarung zur gegenseitigen Verpflichtung betreffend Wahrnehmung von Nähe und Distanz unterzeichnet werden.

Päpstliche Schweizergarde

Oberst Christoph Graf, Kommandant der Päpstlichen Schweizergarde, besuchte die SBK in Mariastein – in Begleitung des Präsidenten der „Stiftung für die Renovation der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde im Vatikan“, Dr. Jean-Pierre Roth, sowie eines weiteren Stiftungsratsmitglieds, Prof. em. Dr. Peter Bloma. Ebenfalls anwesend war Bernhard Messmer, Leiter der Rekrutierung für die Päpstliche Schweizergarde.

Gleich zu Beginn stellte der Kommandant fest, dass 2019 mit nur 23 neuen Gardisten die historisch kleinste Vereidigung stattfinden wird, und dies just nachdem der Papst im April 2018 eine Erhöhung des Mannschaftsbestandes von 110 auf 135 Mann bewilligt hatte. Um den bewilligten Personalbestand von 135 Mann in 5 Jahren zu erreichen, müssten pro Jahr mindestens 40 neue Gardisten rekrutiert werden. Die Erhöhung des Korpsbestandes um 23% erfordert also zusätzliche Rekrutierungsmassnahmen.

Parallel dazu muss sich die Schweizer Garde einer weiteren Herausforderung stellen, nämlich dem Bau einer neuen Kaserne. Die historische Bausubstanz lässt den Unterhalt zu teuer werden und verunmöglicht die Anpassung der bestehenden Gebäude an aktuelle Sicherheitsstandards. Eine Machbarkeitsstudie hat gezeigt, dass nur ein Abriss der bestehenden Kaserne und ein Neubau auf dem bestehenden Grundriss den gestellten Anforderungen zu entsprechen vermag. Im Mai 2019 wird der Abschluss der Vorprojektphase erwartet.

Der mögliche Abriss der bestehenden Kaserne wird für alle aktuellen und ehemaligen Gardisten ein emotional einschneidender Moment. Auch hier werden Überlegungen gemacht, wie dieser Abschied zu gestalten ist.

Begegnung mit dem Nuntius

Zum traditionellen Besuch des Apostolischen Nuntius in der Schweiz hat die SBK Erzbischof Thomas Edward Gullickson sowie Nuntiaturrat Mgr. Dr. José Manuel Alcaide Borreguero empfangen.

Verehrung von Dorothee von Flüe

Der Wunsch, Bruder Klaus zusammen mit seiner Frau Dorothee als ein Ehepaar offiziell verehren zu dürfen, ist im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts entstanden. Die starke Präsenz dieses Ehepaars in der Volksfrömmigkeit hat sich auch anlässlich des Jubiläumsjahrs 2017 gezeigt, denn kaum eine Feier fand statt ohne die explizite Erwähnung der Gattin des St. Niklaus von Flüe. Die SBK hat deshalb entschieden, Papst Franziskus um die Erlaubnis zu bitten, Dorothee zusammen mit unserem Landespatron als Ehepaar verehren zu dürfen.

Gesamtkonzept «Migrantenpastoral in der Schweiz»

Die Bischöfe informierten sich über den aktuellen Stand des Projektes «Migrationspastoral in der Schweiz» basierend auf der Auswertung einer Erhebung der Ist-Situation. Dabei bekräftigten sie ein «vermehrtes Miteinander und bewussteres, wertschätzenderes Nebeneinander» als zentrales Anliegen. Nur so werde die Entwicklung der Migrationspastoral eine Chance für die ganze Kirche in der Schweiz.

Die Mitglieder der SBK bedankten sich beim scheidenden Nationaldirektor migratio, Prof. Dr. Patrick Renz, für sein Engagement und wünschten ihm weiterhin alles Gute und Gottes Segen.

Ernennungen

Die SBK hat folgende Mitglieder ernannt:

Kommission für die Theologie und Ökumene (TÖK)

Evelyne Hélène Graf, Theologin,Mitarbeitende Redaktorin des Pfarreiforums, Pfarreirätin in der Pfarrei St. Gallen-St. Georgen

Kommission Justitia et Pax

Kurt Aufdereggen, Sozialwissenschaftler, Umweltbeauftragter beim Verein oeku Kirche und Umwelt in Bern

Eucharistiefeier in der Klosterkirche Mariastein

Die Mitglieder der SBK luden die Ortsgemeinde am 27. Februar 11.00 Uhr zu einer Eucharistiefeier in der Klosterkirche Mariastein ein. Der Feier stand Bischof Felix Gmür vor. Sie wurde live von Radio Maria übertragen.

Freiburg, 28. Februar 2019

Schweizerische Bischofskonferenz
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